Grundlagen der Informationsgewinnung
Inhalt
» Probleme der Informationsgewinnung
» Methoden zur Informationsgewinnung
» Qualität von Informationen
» Vorbereitung der Informationsgewinnung
» Datenerhebung
» Auswertung und Interpretation der Daten
Strategische Entscheidungen sollten auf einer umfangreichen Analyse der zur Verfügung stehenden Informationen basieren, um eine möglichst hohe Qualität zu erhalten. Die Probleme, auf die man bei der Informationsgewinnung stoßen kann, lassen sich umgehen, indem man den Prozess der Informationsgewinnung angemessen vorbereitet und die richtigen Methoden anwendet. Zur Informationsgewinnung gehört auch die Analyse der gewonnenen Informationen, bei der ebenfalls die passende Methode angewendet werden muss.
Probleme der Informationsgewinnung
Die Gewinnung von Informationen stößt auf erhebliche Probleme:
- Unsicherheit: Für strategische Entscheidungen werden zukunftsbezogene Informationen benötigt. Über die Zukunft können jedoch zumeist nur begründete Vermutungen angestellt werden, selbst präzise erscheinende Prognosen basieren häufig auf unsicheren Annahmen.
- Komplexität: Zukünftige Entwicklungen hängen oft von vielen verschiedenen Faktoren ab, die sich auch gegenseitig beeinflussen. Selbst, wenn die Zusammenhänge an sich klar sind, können kleine Abweichungen bei einem Faktor zu vollkommen unterschiedlichen Endergebnissen führen.
- Subjektivität („bias"): Analysen werden von Menschen durchgeführt. Diese haben eine subjektive Wahrnehmung der Welt, filtern also die Fülle von Informationen, die auf sie einströmen, gemäß ihren Erfahrungen, Fähigkeiten oder Präferenzen.
Entscheidungen müssen also auf Basis von unvollkommener Information getroffen werden.
Methoden zur Informationsgewinnung
Es existiert eine Vielzahl von Methoden, um die Informationsgewinnung zu unterstützen. Für die Qualität der gewonnenen Informationen im Hinblick auf den angestrebte Zweck sowie für die Kosten der Informationsgewinnung ist es entscheidend, für die jeweilige Aufgabenstellung die richtigen Methoden einzusetzen. Die folgenden Kriterien können bei der Auswahl der angemessenen Methode als Leitfaden dienen.
Qualität von Informationen
Relevanz
Bevor man beginnt, Informationen zu sammeln, ist zu überlegen (und vorzugsweise auch festzuhalten), warum und wozu die Informationen genau erforderlich sind. Analysen, die zwar „zum Thema gehören", aber keinen größeren Nutzen für die eigentliche Entscheidung bieten, sind irrelevant und sollten im Sinne eines effizienten Ressourceneinsatzes nicht durchgeführt werden.
Gültigkeit (Validität)
Es sollten die Informationen erhoben werden, die den betreffenden Sachverhalt am Zutreffendsten beschreiben. Beispielsweise wird die Qualität des Marketing für ein Produkt sicher besser durch die Veränderung des Marktanteils seit Beginn der Kampagne beschrieben als durch das eingesetzte Budget oder die Anzahl der im Marketing tätigen Mitarbeiter.
Zuverlässigkeit (Reliabilität)
Erhebungs-, Mess- und Auswertungsfehler sind zu minimieren. Möglichkeiten dazu sind die Parallelanwendung unterschiedlicher Messinstrumente (zur Gewährleistung der Konsistenz) oder die Wiederholung einer Untersuchung zu unterschiedlichen Zeitpunkten (zur Gewährleistung der Stabilität). In vielen Fällen zeigt bereits ein einfacher Plausibilitäts-Check Schwachstellen auf.
Objektivität
Die Abhängigkeit der Ergebnisse vom Untersuchenden ist zu minimieren. Das gilt insbesondere für die häufig anzutreffende Tendenz, eher diejenigen Informationen zu verwenden, die in Richtung des gewünschten Ergebnisses weisen.
Aktualität
Informationen, die einen Sachverhalt nicht mehr zutreffend beschreiben (z.B. veraltete Studien), dürfen nicht verwendet werden oder sind zu aktualisieren.
Die eigentliche Informationsgewinnung lässt sich in fünf gedankliche Teilschritte zerlegen, die in der Praxis jedoch nicht komplett zu trennen sind.
Vorbereitung der Informationsgewinnung
Am Anfang steht eine strategische Fragestellung, aus der das eigentlich zu lösende Problem erst noch abzuleiten und zu operationalisieren ist. So ließe sich bspw. die „Analyse der Attraktivität des chinesischen Marktes" aus Sicht eines französischen Petrochemie-Produzenten auf folgende Fragen herunterbrechen:
- Wie wird sich das Markt- und Wettbewerbsumfeld der chinesischen Petrochemie-Branche in den kommenden zehn Jahren entwickeln? Genauer: Wie werden sich Nachfrage, Angebot und Marktpreise in den einzelnen Produkten entwickeln?
- Welche Möglichkeiten des Markteintritts stehen unserem Unternehmen zur Verfügung, unter Beachtung der zur Verfügung stehenden Investitionsmittel?
- Wie sind diese Möglichkeiten zu bewerten? Welche Positionierung können wir damit im chinesischen Markt erreichen? Welche Margen sind für uns zu erwarten?
Die Problemstrukturierung stellt Teilaspekte und Zusammenhänge heraus. Sie dient einem besseren Verständnis der Problemsymptome und deren Ursachen. Das Erstellen von Kausal-Diagrammen kann den Strukturierungsprozess unterstützen.
Auf Basis der operationalisierten Fragestellung ist nun ein Analyseplan zu erstellen. Er umfasst die zu verwendenden Analysemodelle und -methoden unter Beachtung des bereits vorhandenen Informationsstands sowie einen Zeit- und Ressourcenplan. Hilfreich erweist sich oft ein hypothesengestütztes Vorgehen. Hierbei wird für jede der zu untersuchenden Fragestellungen eine Hypothese entwickelt, die aus einer für wahrscheinlich gehaltenen Behauptung (als Antwort auf die Fragestellung) sowie einer stichhaltigen Begründung dafür besteht. Beispiel: „Hypothese: Das Angebot in China wird stark ansteigen, da sowohl lokal hohe Petrochemie-Kapazitäten aufgebaut werden als auch Überkapazitäten im Mittleren Osten zu steigenden Importen führen werden." Hieraus wird deutlich, dass für die Fragestellung der Aufbau lokaler Kapazitäten und die Entwicklung der Importe die Untersuchungsschwerpunkte bilden.
Datenerhebung
Bei der anschließenden Durchführung der Datenerhebung ist darauf zu achten, den Einfluss der oben beschriebenen Fehlerquellen möglichst gering zu halten. Informationen können sowohl aus primären als auch aus sekundären Datenquellen gewonnen werden. Da sich oft erst bei der eigentlichen Erhebung oder der Auswertung zeigt, von welcher Qualität die erhaltenen Informationen sind, kann es notwendig sein, das im Analyseplan spezifizierte Vorgehen anzupassen. Beispielsweise sind weitere Sekundärquellen heranzuziehen, Erhebungsmethoden sind anzupassen oder weitere Methoden sind einzusetzen, um die bisherigen Ergebnisse zu validieren. Eine sorgfältige Angabe der jeweiligen Quellen ist wichtig, um die Ergebnisse nachvollziehbar zu gestalten und im Verlauf der Untersuchung auftauchende Fragen klären zu können.
Auswertung und Interpretation der Daten
Nun folgt die Auswertung und Interpretation der gewonnenen Informationen. Sie besteht zunächst aus einer Bündelung, Verdichtung und Aufbereitung der Daten. Zahlreiche statistische Verfahren stehen hierfür zur Verfügung (uni-, bi-, multivariate Verfahren). Abermals ist auf Konsistenz und Plausibilität des Datenmaterials zu achten. Aus der Vielzahl der erhobenen Daten müssen dann die relevanten Aussagen herausgefiltert und Schlussfolgerungen gezogen werden. Da das Ziel der Analyse ein Bild der zukünftigen Entwicklung ist, wird häufig die Methode der Trendfortschreibung eingesetzt. Diese beruht auf der Annahme, dass Entwicklungen aus der Vergangenheit auch zukünftig andauern werden. Eine Methode, die auch strukturelle Brüche einbeziehen kann und darüber hinaus das Verständnis möglicher alternativer Entwicklungen fördert, ist z.B. die Szenario-Technik.
Zuletzt spielt noch die Kommunikation der Untersuchungsergebnisse eine wichtige Rolle. Analysen tragen nur dann zu besseren Entscheidungen bei, wenn sie die Entscheidungsträger auch erreichen und von diesen als Hilfe akzeptiert werden. Daher ist es von wesentlicher Bedeutung, wie die Ergebnisse aufbereitet werden.
Autor: Achim Sztuka
Bild oben © Steve Stockmeier / PIXELIO'