Ein Führungstool für unsere neue Arbeitswelt: das Collaborator Touchpoint Management
Das Collaborator Touchpoint Management hilft, die Intelligenz, die Kreativität und die volle Schaffenskraft von Top-Talenten für sich zu gewinnen. Der Collaborator Touchpoint Management Prozess ist in vier Schritte unterteilt, die Analyse, die Soll-Strategie, die operative Umsetzung und das Monitoring. Am Ende steht eine Organisation, die hocheffizient und zutiefst human ist. |
Inhalt
» Das Collaborator Touchpoint Management
» Schritt 1 im Collaborator Touchpoint Management: Die Analyse
» Schritt 2 im Collaborator Touchpoint Management: Die Soll-Strategie
» Schritt 3 im Collaborator Touchpoint Management: Die operative Umsetzung
» Schritt 4 im Collaborator Touchpoint Management: Monitoring und Optimierung
» Ein neues Berufsbild: Der interne Touchpoint Manager
Unternehmen können die Zukunft nur dann erreichen, wenn sie die Intelligenz, die Kreativität und die volle Schaffenskraft von Top-Talenten für sich gewinnen. Denn der Markt ist gnadenlos. Und die Kunden kennen kein Pardon. Der Wandel von einer klassischen Pyramidenorganisation zum Netzwerkunternehmen muss nun im Eiltempo klappen. Passende interne Rahmenbedingungen und eine auf diesen Wandel ausgerichtete Führungskultur sind unausweichlich, damit die Zukunft erreicht werden kann. Das Collaborator Touchpoint Management kann diesen Wandel bestens begleiten.
Die Hochzeit zwischen dem Social Web und dem mobilen Internet hat nicht nur das Kaufen und Verkaufen, sondern auch die Arbeitswelt unübersehbar verändert. Heute entscheiden vor allem die eigenen Kunden darüber, ob neue Kunden kommen und kaufen. Und die eigenen Mitarbeiter entscheiden maßgeblich mit, wer die besten Talente gewinnt. Ferner fordern die „Digital Natives", die derzeit ans Ruder kommen, eine humanisierte Unternehmenskultur. Und sie schaffen die Rahmenbedingungen für einen kollaborativen Managementstil.
Dieser ist schon allein deshalb unumgänglich, weil es neben einer Kernbelegschaft in herkömmlichen Arbeitsverhältnissen bald immer mehr Mitarbeitende ohne klassischen Arbeitsvertrag gibt: Zeitarbeiter, Freelancer, Interim Manager, Projektspezialisten, Geschäftspartner, Lieferanten - und sogar Kunden. Zunehmend stehen Unternehmen im Zentrum ihres eigenen Netzwerks und werden von „Kollaborateur-Satelliten" umkreist. Denn sie können nur noch dann überleben, wenn sie die Intelligenz und die Schaffenskraft der Besten vereinen.
Das Collaborator Touchpoint Management
Das Collaborator Touchpoint Management, auch internes Touchpoint Management oder Mitarbeiterkontaktpunkt-Management genannt, betrachtet die „Reise" eines Mitarbeitenden durch das Unternehmen und geht von dessen Standpunkt aus. Es berücksichtigt die Anforderungen an unsere neue Arbeitswelt. Und es ordnet deren zunehmende Komplexität in ein Gesamtsystem.
Ziel des insgesamt vierstufigen Prozesses ist die Koordination aller Berührungspunkte zwischen Mitarbeitenden, Führungskräften und Organisation, um die Interaktionsqualität zu verbessern, inspirierende Arbeitsplatzbedingungen zu gestalten und - im Rahmen eines wertschätzenden Klimas - ansprechende Leistungsmöglichkeiten zu schaffen. Hierbei kann jede Interaktion als Chance genutzt werden, die Exzellenz der Mitarbeitenden zu erhöhen, ihre emotionale Verbundenheit zum Unternehmen zu stärken und positive Mundpropaganda nach innen und außen auszulösen.
Dazu arbeitet die Führungsmannschaft abteilungsübergreifend vernetzt und mit Blick auf den kontinuierlichen Wandel. Alle Mitarbeitenden werden auf das Wohlergehen der Kunden ausgerichtet. So erhöht die intensive Auseinandersetzung mit jedem einzelnen internen Touchpoint nicht nur die Mitarbeiterperformance, sie führt auch zu einer Ressourcenoptimierung, zu Zeit- und Kosteneinsparungen, zu einer Stärkung der Arbeitgebermarke, zu einer höheren Kundenloyalität, zur Neukundengewinnung durch Weiterempfehlungen und damit zu gesunden Erträgen. Am Ende des Weges steht eine Organisation, die hocheffizient ist - und zutiefst human.
Schritt 1 im Collaborator Touchpoint Management: Die Analyse
Im Collaborator Touchpoint Managements werden zunächst alle Interaktionspunkte gesichtet, die ein Mitarbeitender im Rahmen der Zusammenarbeit mit einer Führungskraft hat oder haben könnte – und zwar aus dem Blickwinkel des Mitarbeiters betrachtet. Dabei gibt es zwei Arten:
• direkte Kontaktpunkte (Mitarbeitergespräch, Gruß auf dem Flur, Meeting usw.)
• indirekte Kontaktpunkte (E-Mail, schriftliche Anweisung, Arbeitszeugnis usw.)
Sind diese detailliert aufgelistet, dann werden die Erlebnisse, die ein Mitarbeiter dort hat oder haben könnte, erarbeitet und den Kategorien „enttäuschend", „okay", oder „begeisternd" zugeordnet. Dabei geht es sowohl um die kritischen Ereignisse als auch um die positiven Geschehnisse, die ihm dort widerfahren – oder im schlimmsten Fall widerfahren könnten. Hilfreiche Fragen dabei:
• Was läuft prima? Wann stellt sich ein Moment großer Freude ein?
• Wo gibt es heikle Situationen?
• Was erwartet ein Mitarbeiter an diesem Touchpoint? Und was nicht?
• Was könnte die Arbeitsleistung verbessern?
• Was könnte die Motivation intensivieren?
• Wo lauern Abwanderungsrisiken?
• Welcher (akute) Handlungsbedarf ergibt sich aus Sicht der Mitarbeiter?
• Und was hat uns bislang daran gehindert, das Notwendige zu tun?
Auch wenn unangenehm, über die letzte Frage muss unbedingt gesprochen werden. Denn erst, wenn die wahren Ursachen für Handlungsblockaden offen liegen, lässt sich etwas dagegen unternehmen. Damit danach das Ausmerzen der Minderleistungen gezielt in Angriff genommen und als Herausforderung gesehen werden kann, macht es Sinn, diesem Prozess klingende Namen zu geben. Heike Bruch vom Lehrstuhl für Führung und Personalmanagement der Uni St. Gallen schlägt folgende vor: „Den Drachen besiegen" oder „Die Prinzessin vom Eis holen".
Übrigens können die Mitarbeiter durch entsprechende Fragen aktiv in diese Analysephase mit eingebunden werden. Meine Lieblingsfrage in diesem Zusammenhang ist die „Gewissensfrage", und die geht so: „Lieber Mitarbeiter, stellen Sie sich vor, Sie wären unser Unternehmensgewissen. Was würden Sie uns sagen?"
Schritt 2 im Collaborator Touchpoint Management: Die Soll-Strategie
Im zweiten Teilschritt geht es um das Definieren der angestrebten Ziel-Situation und das Sondieren passender Vorgehensweisen an den Interaktionspunkten, die man für die anvisierten Mitarbeitergruppen optimieren will. Folgende Fragen lassen sich beispielhaft stellen:
• Wie können wir über alle Leistungsbereiche hinweg ein gemeinsames Führungsverständnis für die wichtigsten Mitarbeiter-Touchpoints entwickeln?
• Wie können wir veraltetes Führungsvorgehen schnellstmöglich auf einen zukunftsfähigen Stand bringen?
• Wie können wir sämtliche Recruiting-Touchpoints an die Erfordernisse der Digital Natives anpassen?
• Wie können wir uns von veralteten Strukturen, Standards und Prozessen lösen und Netzwerkstrukturen in unserem Unternehmen schaffen?
• Wie können wir die Treue unserer Mitarbeitenden fördern und uns so vor kostspieliger Mitarbeiterfluktuation schützen?
• Wie können wir unsere Mitarbeitenden zu aktiven positiven Botschaftern der Firma machen, und welche Touchpoints eignen sich besonders dazu?
• Wie können wir unsere Mitarbeiter in operative wie auch strategische Entscheidungen zeitsparend und effizient miteinbeziehen?
• Wie lässt sich der Ideenreichtum unserer Mitarbeiter weiterentwickeln, für passende Touchpoints nutzbar machen und adäquat speichern?
• Wie können wir an den einzelnen Kontaktpunkten mit nichtmonetären Begeisterungsfaktoren arbeiten, um das Wollen zu fördern?
• Wie können wir eine auf Dauer ausgerichtete Kundenfokussierung auf Web-2.0/3.0-Niveau bereichsübergreifend erreichen?
• Wie können wir mit dem Aufbau eines Touchpoint Managements in unserem Unternehmen zügig beginnen?
• Wie können wir schließlich die Summe der Touchpoints so optimieren, dass wir bei Arbeitgeber-Wettbewerben vorderste Plätze belegen?
Auf Basis dieser und weiterer relevanter Fragen werden nun die spezifischen Mitarbeiter-Touchpoint-Ziele zielgruppengerecht definiert. Hierbei geht es sowohl um die Do's als auch um die Dont's, also darum, was erwünscht und was unerwünscht ist.
Schritt 3 im Collaborator Touchpoint Management: Die operative Umsetzung
In diesem Schritt geht es um die Planung und Umsetzung passender Maßnahmen, die von der analysierten Ist-Situation zur gewünschten Soll-Situation führen. Folgende Fragen sind dabei zu bearbeiten:
• Wer macht was ab/bis wann mit welchem Budget?
• Welche Ressourcen müssen bereitgestellt werden?
• Welche Zeitlinien sind dabei sinnvoll und machbar?
• Wie lassen sich die erzielten Ergebnisse messen?
Dies kann im kleinen Kreis oder auch im Rahmen von Großgruppen-Events gemeinsam geplant und anschließend umgesetzt werden. Dabei gilt: Weniger ist mehr. Wählen Sie ein Thema, das sowieso schon allen auf den Nägeln brennt. Oder fangen Sie mit wenigen wichtigen Touchpoints an. Oder wählen Sie einen „Quick win" zum Start, also eine Maßnahme, die schnelle Resultate verspricht. Folgeeffekte stellen sich dann oft wie von selbst ein.
Schritt 4 im Collaborator Touchpoint Management: Monitoring und Optimierung
In diesem Schritt geht es um das Ermitteln der Ergebnisse an den einzelnen Mitarbeiter-Touchpoints zwecks Optimierung der Führungsarbeit. Folgende Fragen lassen sich stellen:
• An welchen Kriterien wollen wir unsere verbesserte Touchpoint-Performance messen?
• Welche Kennzahlen wollen wir dazu auf welche Weise wie oft und für wen erheben?
• Wie wird das gewonnene Wissen dokumentiert und gemeinsam besprochen?
• Welche Monitoring-Tools sind sinnvoll und können unkompliziert eingesetzt werden?
• Wer leitet wann und wie die fortlaufend notwendigen Prozessverbesserungen ein?
Touchpoint-Maßnahmen sollten vor allem mittel- und langfristig positive Auswirkungen auf die mitarbeiterbezogenen Kennzahlen eines Unternehmens haben, zum Beispiel auf die durchschnittliche Bleibedauer, die Fluktuationsrate, die Kranktage, die Burnout-Rate und die Mitarbeiterproduktivität.
Und kurzfristig? Da stellen Sie den Mitarbeitern – am besten schriftlich – folgende Fragen:
• Auf einer Skala von 0 bis 10: Würden Sie sich heute wieder für dieses Unternehmen entscheiden? Und wenn ja, aus welchen Hauptgründen? Und wenn nein, weshalb nicht?
• Auf einer Skala von 0 bis 10: Würden Sie unser Unternehmen an einen interessierten Arbeitssuchenden weiterempfehlen? Und wenn ja, aus welchen Hauptgründen? Und wenn nein, weshalb nicht?
Schon allein die Antworten auf diese beiden Fragen ergeben meist jede Menge Ansatzpunkte, um weitere Verbesserungen in Angriff zu nehmen. Die aus den Skalen-Ergebnissen abgeleiteten Kennzahlen zählen zu den wichtigsten Leistungsindikatoren im Mitarbeiterbereich.
Ein neues Berufsbild: Der interne Touchpoint Manager
Als Bindeglied zwischen Organisation, Mitarbeitenden und Führungskreis ist der interne Touchpoint Manager für unternehmenskulturnahe Themen und das Wohlergehen der Menschen zuständig. Er sorgt sich um die körperliche, geistige und seelische Fitness der Mitarbeiterschaft, damit deren Performance auf Höchststand bleibt.
Diese Funktion hat sowohl strategische als auch operative Komponenten. Von daher ist sie viel mehr als nur ein bisschen Mitarbeiterstreicheln. In Zeiten von Talente-Knappheit und Social Media-Gerede kann sie über die Zukunft eines Unternehmens maßgeblich mitentscheiden. Insofern benötigt ein interner Touchpoint Manager die absolute Rückendeckung der Geschäftsleitung, da sein Weg holprig ist und er sich nicht immer nur Freunde macht. Denn wer als atmosphärischer Interessenvertreter der Mitarbeiter unterwegs ist, deckt zwangsläufig auch Missstände auf.
Ein interner Touchpoint Manager ist Advokat der Mitarbeiter und Brückenbauer zwischen Oben und Unten. Sein mögliches Aufgabenfeld:
• Büroorganisation und Büroleben
• Mitarbeiterevents und Sozialprojekte
• Sportangebote und Gesundheitsprogramme
• Initiieren von Mitarbeiterbefragungen
• Prävention von Mitarbeiterfluktuation
• Involvement bei der Mitarbeiterauswahl
• Onboarding- und Offboarding-Begleitung
• Exit-Interviews und Ehemaligen-Betreuung
• Betreuung von Arbeitgeberbewertungsportalen
• Kummerkasten, gute Seele, Mediator
• Innerbetriebliches Ideenmanagement
• Moderation von internen Touchpoint-Projekten
• Vernetzung aller über Abteilungsgrenzen hinweg
Insofern ist der interne Touchpoint Manager Generalist. Er hat eine ausgereifte Persönlichkeit, die gleichzeitig verbindlich und feinfühlend, aber auch analytisch und strukturierend ist. Der Stelleninhaber sollte interdisziplinär arbeiten können und sich sowohl in Führungs- also auch HR-Themen auskennen. Er benötigt psychologischen Kenntnisse und Coaching-Kompetenz. Er ist Moderator, Netzwerker, Kommunikator und Diplomat in einer Person. Er muss leidenschaftlich vom Nutzen seiner Funktion überzeugt sein, um überzeugen zu können.
In seiner Querschnittfunktion muss er unternehmensweit Mitstreiter gewinnen, deren zuweilen divergierende Vorstellungen und Interessen unter einen Hut zu bringen sind. Aber nicht um den Preis von faulen Kompromissen und butterweichem Konsens, sondern immer im Interesse der Mitarbeiter und zum Wohl der gesamten Organisation. So entsteht im Zusammenspiel zwischen Touchpoint Manager und internem Touchpoint Management eine Unternehmenskultur, die die Wettbewerbsfähigkeit in den Märkten der Zukunft sicherstellt.
Autor: Anne M. Schüller
Literatur
Das Touchpoint-Unternehmen Mitarbeiterführung in unserer neuen Businesswelt.